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Die ehemaligen Grabsteine halten junge Frauen keinesfalls davon ab, sich im Bikini daneben zu legen. Aber auch der Friedhof als Ort der Kontemplation: die Kamera beobachtet eine Anwohnerin, die in winterlichem Ambiente zwischen den kulturhistorischen Denkzeichen konzentriert Tai-Chi übt. Als Gartendenkmal ist der ehemalige Friedhof auch eine Oase für Liebespaare, was offensichtlich auch Konrad Wolf, der Regisseur des DEFA-Kultfilms „Solo Sunny“(1980), erkannt hatte: eine Sequenz aus diesem Film zeigt die aufmüpfige Sängerin Sunny mit ihrem Geliebten, dem Philosophen Ralph, vor dem Hintergrund der ehemaligen Feierhalle, über die ewigen Fragen der Menschheit reflektierend. Das Zusammenspiel von Ruhe und Hektik, Historie und Moderne, Tod und Leben, Vergangenheit und Zukunft verweist auf einen Ort, dessen Geschichte nicht abgeschlossen sein sollte. Die Freireligiöse Gemeinde Berlin wirkt in den Stadtbezirk Prenzlauer Berg hinein, auch über den Friedhofspark, der dringend einer Sanierung bedarf. Der Film macht deutlich, dass die Freireligiöse Gemeinde mehr als ihre wechselvolle Geschichte ist, nämlich eine geistige Heimat für Menschen, die eine diesseitige Religion leben wollen. Als kollektive Leistung von Gertraud Krüger, Anke und Kirsten Reuther versteht sich der Film als ein „Laienprodukt“, das in der Ästhetik über eine reine Dokumentation hinaus geht: Bilder, Musik und Text berühren. Zur Information gesellt sich über die filmische Begleitung durch den Jahreskreis mit wunderschönen Bildern ein Naturgefühl, das die pantheistische Überzeugung vieler Freireligiöser anspricht. Nicht nur deshalb wäre es schön, wenn der Film in vielen freireligiösen Gemeinden gezeigt werden könnte. Vielleicht ergeben sich auch Fragen zur eigenen Geschichte der freireligiösen Gemeinden. Einer Geschichte, die nicht in Vergessenheit geraten sollte. Ist der Film in erster Linie als aufklärender Impuls für die Bewohner des Prenzlauer Bergs gedacht, die das Gartendenkmal gern gedankenlos als Ruhezone nutzen oder es gar vermüllen, so wünschen wir doch, dass er noch weitere Kreise zieht.